Dossier: Huldrefolk und Forgotten Tombs

Am 9. April 2010 sollten die beiden Black Metal Bands „Huldrefolk“ (Belgien) und „Forgotten Tomb“ in Münster spielen. Der Club sagte das Konzert aber wieder ab, als klar wurde, dass beide Bands keine Berühungsängste zur extremen Rechten haben. Damit die Bands nicht an einem Ausweichort auftreten können, veröffentlicht die Antifaschistische Linke Münster nun ihre Rechercheergebnisse. Hier gibt es das Dossier als pdf.

Huldrefolk

Huldrefolk ist eine belgische BlackMetal-Band, bei der zahlreiche Verbindungen in die extreme Rechte bestehen. Mehrmals teilten sich Huldrefolk die Bühne mit anderen rechtslastigen Bands, beispielsweise am 30. April 2008 beim „Nepherex Fest II“, dessen Organisator Bert De Vissche ein gleichnamiges Plattenlabel betreibt, bei dem unter anderem die extrem rechte Skinhead-Band Lion’s Pride [1] unter Vertrag ist. De Vissche selbst spielt in der NSBM-Band Sudarium [2]. Ein weiteres Beispiel: Am 27.September 2008 spielten Huldrefolk zusammen mit Lion`s Pride und weiteren rechtsoffenen Bands beim „A.V.V.-Fest“, das unter dem Motto „Voor Volk and Vlaanderenland“ stand.

Kontakte zu „Blood and Honour“

Darüber hinaus spielten Huldrefolk aber auch schon auf den konspirativ organisierten Konzerten des neonazistischen Netzwerks Blood and Honour Vlaanderen, so nachweislich am 7. Juni 2008. Mit Huldrefolk teilten sich in der belgischen Stadt Lebbecke die deutsche NSBM-Band Absurd [3] und die griechische NSBM-Band Der Stürmer [4] die Bühne. Beide Bands sind für offen neonazistische, rassistische und antisemitische Texte bekannt. In einem Konzertbericht im neonazistischen Forum thiazi.net heißt es dann auch: „Der Stürmer tat sich ganz besonders durch das gegrunze von Parolen hervor und das Wort Judxxxxxxx ist auch des öfteren gefallen. Die Anhänger des BM konntan allerdings alles verstehen und auch mitsingen. Ich verstand nur englische Passage, bzw. auch deutsche Wortfetzen.“

Als Kontaktadresse auf dem Flyer findet sich die offizielle Emailadresse von Blood and Honour Vlaanderen. Blood and Honour (B&H) ist eine internationale Neonazi-Organisation, die von dem als Pionier des RechtsRock verehrten Sänger der englischen Screwdriver Ian Stuart Donaldson gegründet wurde. Im Jahr 2000 wurde die deutsche Sektion vom Bundesinnenministerium verboten. Begründet wurde das Verbot u.a. damit, dass sich B & H „gegen die verfassungsmäße Ordnung“ stelle und sich „zu Hitler und führenden Nationalsozialisten“ bekenne [5]. Von diesem aggressiven nationalsozialistischen Bekenntnis sind auch der flämische und niederländische Ableger nicht frei. Im Gegenteil: Auf ihrer Homepage verweisen sie auf zwei „Heros“: Ian Stuar Donaldson und Adolf Hitler. Jährlich wird ihnen zu Ehren ein Ian-Stuart bzw. Adolf-Hitler-Memorial-Concert organisiert [6]. Die deutschen Mitglieder von Blood and Honour führen ihre Arbeit nach dem Verbot nachweislich fort, allerdings weichen sie seid einigen Jahren für ihre Konzerte ins benachbarte Belgien aus. Die Mehrzahl der der dort spielenden Bands kommt aus Deutschland.

Auseinandersetzung um Huldrefolk in den Niederlanden

Dass dies allerdings keine „Sünden vergangener Tage“ sind, zeigt die Auseinandersetzung um ein Konzert, dass am 16. Januar in den Niederlanden stattfinden sollte, aber nach Intervention des Bürgermeisters von Roermond untersagt wurde. Huldrefolk sollten als Support der russischen NSBM-Band Tremnozor auftreten, die CD`s unter anderem auf dem Label Hakenkreuz-Productions veröffentlichte [7].

Unglaubwürdige Distanzierung

Da sich Huldrefolk nun öffentlich unter Druck gesetzt fühlte, haben sie eine wenig stichhaltige „Klarstellung“ veröffentlicht, in der sie behaupten, keine Nazis, sondern eine „a-politcal band“ zu sein [8]. Sie bestreiten nicht, mit NSBM-Bands aufzutreten, meinen aber, dass dies nicht beduete, ihre Ideologie zu respektieren. Dass Huldrefolk allerdings keinerlei Eingeständnisse machen wird dann im Abschnitt „We hate Nazis“ deutlich. Dort drehen sie den Vorwurf nämlich einfach um: Nazis seien die, welche „want to shut mouths of people who think different“. Sie fühlen sich in der Opferrolle und behaupten allen Ernstes, die Situation erinnere sie an die Dreißiger Jahre in Deutschland, „where gatherings of people who have other opinions were brutally offened by Nazi`s“. Diese Stellungnahme zeigt eindeutig, dass Huldrefolk in keinster Weise bereit sind, das eigene Verhalten zu reflektieren und keine Distanz zur extremen Rechten für notwendig hält.

Weitere Verbindungen in die extreme Rechte

Nicht nur die Konzerte der Band belegen ihre Verbindungen in die extreme Rechte, sondern auch die Teilnahme des Huldrefolk-Drummers Ignace Verstraete am so genannten „Euro-Rus Kongress 2008“ [9] in Belgien. Euro-Rus bezeichnet sich selbst als. „geo-politcal think tank“ und propagiert ein „Europa von Gibraltar bis Wladiwostock“ als Front gegen die USA und Asien. An den regelmäßigen Kongressen nehmen immer führende Vertreter europäischer RassistInnen und Neonazis teil. 2006 ist z.B. die Teilnahme von Nick Griffin (Vorsitzender der British National Party) oder von Alexeji Michalilow (Vorsitzender der „Bewegung gegen illegale Einwanderung“ (DPNI) aus Moskau) belegt [10]. Natürlich nehmen auch immer Mitglieder des extrem rechten und separatistischen Vlaams Belang an den Treffen teil. Einer der großen Gastredner 2008 war David Duke aus den USA, der lange Jahre Führer des Klu Klux Klan (KKK) war und noch immer in der Szene aktiv ist. Er betreibt ein antisemitisches und rassistisches Webprojekt [11]. Für den Huldrefolk-Drummer war es wohl eine ziemliche Ehre, solch eine Nazi-Größe zu treffen, so dass er gleich ein Foto inklusive „shaking-hands“ machte [12].

In einer interessanten Reportage des niederländischen Fernsehens [13] über extrem rechten Black Metal wird auch Huldrefolk interviewt, deren Sänger die Mär von der unpolitischen Band verbreitet, die kein Problem damit habe mit Bands unterschiedlichster Gesinnung aufzutreten, seien es extrem rechte, extrem linke oder satanistische Bands. Im Video sieht man den Proberaum, in dem nicht nur die Flagge des flämischen Separatismus hängt, sondern auch die Flagge der Niew Solidaristisch Alternatief (N-SA) [14], einer 2008 in Belgien gegründeten neofaschistischen Organisation, die große inhaltliche und stilistische Ähnlichkeiten mit den „Autonomen NationalistInnen“ aus Deutschland aufweist. Sie ist eine Sammelbewegung verschiedener extrem rechter Gruppen, auch Euro-Rus ist Teil der N-SA. Die Organisation nahm auch an Naziaufmärschen in Deutschland (z.B: September 2009 in Dortmund) teil. Der deutsche Neonazi-Führer Axel Reitz sprach wiederum auf den Kongressen der N-SA [15]. Die Flagge und das Logo des N-SA sind Eigenkreationen der Gruppe, eine Verwechslung ist ausgeschlossen. Man kann diese Fahne auch nicht einfach im Laden, sondern nur bei der N-SA erwerben. Eine Mitgliedschaft oder zumindest starke Sympahtie für diese Gruppe ist bei den Huldrefolk-Mitgliedern also zu vermuten.


Forgotten Tomb

Forgotten Tomb ist eine italienische Black Metal-Band, deren Frontmann und Gründer Herr Mordbid alias Ferdinando Marchisio ist. Die Songs drehen sich vor allem um Tod, Depression und Suizid, textlich werden also keine neonazistischen Inhalte verbreitet. Gleichwohl gibt es eine Reihe von Punkten, die ein äußerst fragwürdiges Licht auf die Band werfen.

Das erste Release der Band wurde 2000 vom eigenen Label mit dem geschmacklosen Namen Treblinka Productions veröffentlicht[16]. Treblinka war ein NS-Vernichtungslager [17], in dem bis zu eine Millionen Menschen, vor allem Juden und Sinti und Roma, vergast wurden. Das Lager hat bis auf wenige Ausnahmen kein Gefangener überlebt. Es war ein reines Vernichtungslager. Wer den Holocaust als positiven Bezugspunkt, als Namenspatron für sein eigenes Label, wählt, will damit eine menschenverachtende Gesinnung zur Schau stellen und zeigt, dass ihm Empathie fehlt. Selbst unter der Berücksichtigung, dass es zum Black Metal gehört, mit Bildern des Todes, der Menschenverachtung und des Bösen zu spielen, ist hier doch eine Grenze des Tolerierbaren überschritten. Hinzu kommt, dass Herr Morbid ein Seitenprojekt mit dem Namen The True Gaszimmer hatte, in dem auch Forgotten Tomb-Gitarrist Razor SK spielte. Die Band veröffentlichte 2002 ein Demo [18].

Auf Fragen zu diesem Projekt reagiert Herr Morbid abwehrend bis aggressiv. Im Magazin metal.de heißt es in der Einleitung eines Interviews mit Herr Morbid, auf Fragen zu der Band „reagierte er leider mit einer nur mäßig motivierten Standardantwort. Insofern bleibt dieses Interview für mich nicht ohne bitteren Nachgeschmack.“ [19] Auch mit dem Metalmagazin Legacy gab es eine Auseindersetzung mit Forgotten Tomb, weil der interviewende Journalist u.a. Fragen zu The true Gaszimmer hatte. Herr Morbid reagierte darauf mit wüsten Drohungen: Wenn das Interview nicht in einer Form geführt werde, die ihm zusage, werde er seine Fans auffordern, das Magazin zu boykottieren. Das Interview fand daraufhin von Seiten des Legacy nicht statt, Forgotten Tomb starteten daraufhin einen Boykottaufruf [20].

Im Standardwerk zu Black Metal und Neonazismus – dem Buch „Unheilige Allianzen“ – finden sich noch folgende Aussagen zu Forgotten Tomb:

„Während die CDs seines Projekts normal in den Handel gelangen, sind die Vinylfassungen stets limitiert und in Folge wachsender Bekanntheit mittlerweile hochdotierte Sammlerobjekte. ‚Jemand sagte mir, dass er die ‚Songs to leave‘ LP bei eBay für 55 Euro gesehen hätte. Das ist auf jeden Fall eine verdammte Schande‘, regt sich Morbid auf. Doch antsatt daraus die Folgerung zu ziehen, künftig die Vinylfassungen in höherer Auflage produzieren zu lassen, schimpft er auf das virtuelle Aktionshaus: ‚Dieses E-Gay ist ein verdammtes jüdisches Geschäft.‘ Angesichts dieser schwulenfeindlichen und antisemitischen Entgleisung erscheint es nur folgerichtig, dass seine Band als Vorgruppe für Absurd im Rahmen des Blood Fire death Festival in Mailand am 16. Dezember 2005 angekündigt ist. Aufgestockt wird das Line-up an dem Abend mit der Band Sturmkaiser, deren erste CD Mors tua, Vita mea 2005 remixt und mit neuem Layput und professioneller Produktion bei Nebelfee Klangwerke neu veröffentlicht wurde. Die Liedtexte fehlen allerdings im Begleitheft, was angesichts von Songtiteln wie Hail Victory (Sieg Heil) wohl auf die Angst vor juristischen Konsequenzen zurückzuführen ist. In Italien scheint sich so langsam ein überschaubarer rechter Underground zu entwickeln.“ [21]

Auch bei Forgotten Tomb finden sich Berühungspunkte in die extrem rechte Black Metal Szene sowie ein geschmacksloser und äußerst fragwürdiger Umgang mit dem Holocaust.

Gründe genug, diesen Bands kein öffentliches Podium zu bieten.

Belege:

[1] http://www.lionspride1302.tk/
[2] http://www.xs4all.nl/~afa/alert/2_12/belgie212.html
[3] Vgl. Dornbusch/Killguss: Unheilige Allianzen. Black Metal zwischen Satanismus, Heidentum und Neonazismus, Unrast-Verlag, Münster/Hamburg 2005: S.148-168
[4] http://www.thepaganfront.com/dersturmer/news.htm Die Homepage der nach dem Nazi-Hetzblatt benannten Band, voll mit NS-Symboliken und Hitler-Konterfeis
[5] Vgl. Searchlight u.a. (Hrsg.): White Noise. Rechts-Rock, Skinhead-Musik, Blood & Honour – Einblicke in die internationale Neonazi-Musik-Szene, Unrast-Verlag, Münster/Hamburg 2000: S.93f
[6] http://www.bloodandhonournl.com/pages/heros/heros.html
[7] http://www.telegraaf.nl/binnenland/5695444/_Onderzoek_naar:nazi-band_.html Tageszeitung „De Telegraaf“ vom 2.01.2010
[8] Alle folgenden Zitate von: http://www.metalunderground.com/news/details.cfm?newsid=51658 Die Stellungnahme wurde am 31. Dezember 2009 veröffentlicht.
[9] http://www.eurorus.org
[10] Siehe http://www.redok.de vom 8.12.2006
[11] http://www.davidduke.com/
[12] Alert! Nr 3, Oktober 2008 http://www.xs4all.nl/~afa/alert/3_12/belgie312.html
[13] http://www.garagetv.be/video-galerij/xxvvxx/filmpje_wmvG.aspx?utm_source=GTVPlayer-&utm_medium=LopendFilmpjeExtern
[14] http://www.n-sa.be/
[15] Die Flagge ist z.B. bei Minute 6:50 deutlich sichtbar
[16] http://metal-archives.com/release.php?id=20245
[17] http://de.wikipedia.org/wiki/Vernichtungslager_Treblinka
[18] http://www.wikimetal.info/wiki/Forgotten_Tomb , http://www.metal-archives.com/band.php?id=12688
[19] http://www.metal.de/stories.php4?was=story&id=863
[20] http://www.legacy.de/phpBB_Legacy/viewtopic.php?t=3957&sid=bce22d35eab7ff6b231e3be5bf3a0999
[21] Vgl. Dornbusch/Killguss: Unheilige Allianzen. Black Metal zwischen Satanismus, Heidentum und Neonazismus, Unrast-Verlag, Münster/Hamburg 2005: S.231f

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