06. März 2008
Gedenkstättenpolitik in NRW
(Referent: Günter Born, Historiker und Autor der Reihe “Geschichte der Gedenkstätten in NRW” in der antifaschistischen Zeitung LOTTA)
In Nordrhein-Westfalen existieren mehr als 20 Gedenkstätten, Lern- und Erinnerungsorte, die an historisch „authentischen“ Schauplätzen eine wissenschaftliche, pädagogische oder emotionale Beschäftigung mit unterschiedlichen Aspekten des Nationalsozialismus ermöglichen sollen. Diese erinnerungskulturelle Landschaft hat sich während der vergangenen drei Jahrzehnte in teilweise bis heute andauernden Auseinandersetzungen entwickelt. Die Einrichtung von Gedenkstätten ging in zahlreichen Fällen auf das beharrliche Engagement von NS-Opferverbänden und gesellschaftskritischen Geschichtsinitiativen zurück, die sich dem vielfach herbeigesehnten Schlussstrich unter die Vergangenheit widersetzten. Seit den 1990er Jahren sind jedoch in der Erinnerungskultur der Bundesrepublik deutliche Umbrüche zu erkennen. Zum einen zeichnen sich Konturen eines hegemonialen Geschichtsbildes ab, das die Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr ausklammert, sondern als erfolgreich „bewältigt“ in eine neue integrationsfähige deutscheBasiserzählung integriert. Zum anderen haben neue deutsche Opferdiskurse um Bombenkrieg, Flucht und Vertreibung an Bedeutung gewonnen. Zu fragen ist in diesem Zusammenhang, welche geschichtspolitischen Funktionen NS-Gedenkstätten in Zukunft wahrnehmen werden.
Der Vortrag skizziert die konfliktreiche Entstehungsgeschichte der NS-Gedenkstätten in Nordrhein-Westfalen. Im Anschluss daran soll deren gegenwärtige und künftige Rolle im erinnerungskulturellen Spannungsfeld zwischen den eigenen, oftmals gesellschaftskritischen Ansprüchen und den Versuchen geschichtspolitischer Vereinnahmung ausgelotet werden.