+++Update 13.9.2019: Die AfD-Veranstaltung ist ausgefallen. Das Seecafé teilte mit, dass es sich „klar von rechtsextremer Politik“ distanziere und Menschen jeder Herkunft im Haus begrüße, dass in der Vergangenheit auch als Flüchtlingsunterkunft gedient habe. Wir begrüßen die couragierte Entscheidung des „Seecafes“.+++
Die AfD Kreisverbände Münster und Steinfurt bewerben für Freitag, den 13. September 2019, eine gemeinsame Veranstaltung mit Andreas Kalbitz, dem Vorsitzender der AfD Brandenburg, und dem nordrhein-westfälischen AfD-Bundestagsabgeordneten Rüdiger Lucassen. Die Anmeldung zur Veranstaltung, deren Ort von der AfD vorab nicht veröffentlicht wird, läuft über die AfD Münster. [1]
Andreas Kalbitz war in den letzten Wochen mehrfach aufgrund seiner Neonazi-Biografie in den Schlagzeilen. [2a 2b] „Kalbitz ist tief in die Neonazi-Szene verstrickt. Auf neue Erkenntnisse über diese Verstrickungen – beispielsweise seine Teilnahme an einem Neonazi-Aufmarsch 2007 in Griechenland in einer Reisegruppe mit NPD-Funktionären – reagiert er stets mit hanebüchenden Ausflüchten. Dass die AfD Münster diesen in der Wolle gefärbten Neofaschisten nun eingeladen hat, sagt viel über die Entwicklung des Kreisverbandes aus“, so Merle Linkowski, Sprecherin der Antifaschistischen Linken Münster.
Auch der AfD Kreisverband Münster nähere sich somit immer stärker dem extrem rechten „Flügel“ von Björn Höcke an, der innerhalb der AfD an Macht und Einfluss gewonnen habe, so Linkowski. Im Konflikt im NRW-Landesverband konnte die AfD Münster bislang noch dem „Flügel“-kritischen Lager um den vormaligen Landessprecher Helmut Seifen zugerechnet werden. Im Juli war Seifen und ein Großteil des Landesvorstands zurückgetreten, dieser wird seitdem von den „Flügel“-Leuten dominiert. [3]
„Martin Schiller und die AfD Münster passen sich nun also den veränderten Machtverhältnissen an. Ob dies aus opportunistischen oder inhaltlichen Gründen geschieht, ist insofern irrelevant, als dass so die weitere Radikalisierung der AfD unterstützt wird“, fasst Linkowski zusammen, “Darüber hinaus beobachten wir seit Längerem eine Radikalisierung des sich nach außen gerne gemäßigt-bürgerlich Kreisverbandes Münster: Die Spanne reicht dabei von antisemitischen Anfeindungen über den Nationalsozialismus relativierende Äußerungen bis hin zu körperlichen Übergriffen auf politische Gegner*innen.”
Rüdiger Lucassen, der zweite Referent der AfD-Veranstaltung am Freitag, gilt als designierter Landesvorsitzender in NRW. [4] Er schied nach einer langen Karriere 2006 aus der Bundeswehr aus und machte sich dann mit einer eigenen Firma im zivil-militärischen Sicherheitsgewerbe selbständig. Eine Prägung, die ihn mit Kalbitz verbindet, der ebenfalls Karriere bei der Bundeswehr machte, u.a. als Ausbilder in der immer wieder durch rechtsextreme Aktivitäten, Netzwerke und Straftaten aufgefallenen Franz-Joseph-Strauß-Kaserne in Altenstadt. [5] “Dass Lucassen nun mit dem Flügel-Vertreter Kalbitz auf Tour geht, ist eine eindeutige Positionierung vor dem Hintergrund des Machtkampfes in der AfD NRW”, kommentiert Linkowski die gemeinsame Veranstaltungsreihe der beiden Politiker.
Trotz einer auf Geheimhaltung bedachten Organisation durch die AfD Kreisverbände ermittelten antifaschistische Gruppen nun den Veranstaltungsort: Es handelt sich um das Seecafé in Hörstel im nördlichen Münsterland. “Wir fordern die Wirtin auf, der AfD und ihrer rassistischen Politik keine Bühne zu bieten”, so Linkowski, “wer Geschäfte mit der extremen Rechten macht, leistet einen Beitrag zur Normalisierung des Rechtsrucks. Es wäre ein Akt der Zivilcourage, die AfD wieder vor die Tür zu setzen.” Sollte die Wirtin über den Charater der Veranstaltung nicht informiert oder getäuscht worden sein, empfiehlt die Antifaschistische Linke Münster, sich an die mobilen Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus zu wenden und alle rechtlichen Optionen zu prüfen.