Rechtsradikale kandidieren für die AfD Münster

Mit der “Alternative für Deutschland” (AfD) ist eine Partei rechts von den Unionsparteien entstanden, die mit einer rechtspopulistischen Rhetorik auf Stimmenfang geht und damit bislang relativ erfolgreich ist. Die AfD ist nicht die seriöse “Anti-Euro-Partei” der “Professoren”, als die sie wahrgenommen werden will. Tatsächlich verfügt die “Alternative” über einen einflussreichen ultrakonservativen und rechtsradikalen Flügel. Mit der AfD entstand eine Partei, auf die viele Rechtsradikale, die zwar nationalistisch und rassistisch argumentieren, sich aber an der NS-Verherrlichung des Neonazismus stören, gewartet haben. Zahlreiche ehemalige Mitglieder der “Republikaner” (REP) oder der Partei “Die Freiheit” sind in die AfD eingetreten. Auch in Münster kandidieren bei der Kommunalwahl zwei Personen, die über enge Verbindungen nach Rechtsaußen verfügen.

Listenplatz 6: Philipp Döbbe

Auf Platz 6 der Ratsreserveliste kandidiert Philipp Döbbe. Döbbe betätigte sich in Münster für die lokale Gruppe des rassistischen Blogs “Politically Incorrect” (PI News). „PI News“ gilt als eines der meist besuchten politischen Blogs in Deutschland – und ist gleichzeitig auch eine der übelsten rechten Hass-Seiten im Internet. Gegründet 2004 hat sich das Blog zum Zentralorgan von Islamhasser_innen und Rassist_innen entwickelt. Jeden Tag erscheinen Artikel, die Zuwanderer_innen und Muslime verächtlich machen. Dabei werden paranoide Angstszenarien von einer „Landnahme“ und „Besetzung“ Europas durch „Fremde“ kreiert, welche zwar fernab jeglicher Realität sind, doch die Leser_innen radikalisieren. Besonders in den Kommentarspalten der Beiträge lassen Nutzer_innen ihren Gewaltphantasien gegenüber Minderheiten freien Lauf. Immer wieder organisiert die PI-Leser_innenschaft darüber hinaus ganze Fluten an Hassmails, die an kritisch berichtende Journalist_innen oder Politiker_innen gesendet werden. In vielen Beiträgen wird sich zudem sexistisch und homophob geäußert. „PI News“ hetzt und diffamiert Menschen, stilisiert sich selbst dabei aber zynischerweise zur verfolgten Unschuld: Kritik am Rassismus wird zu „Gutmenschentum“ und „Politischer Korrektheit“, menschenverachtende Hasstiraden aus den eigenen Reihen jubelt „PI News“ hingegen zur „mutigen Meinung gegen den Mainstream“ hoch. Politisch unterstützt das Blog rechtsradikale Parteien wie die FPÖ, den Niederländer Geert Wilders oder “Pro NRW”. Auch die Entwicklung der “Alternativen für Deutschland” (AfD) wird interessiert kommentiert.
Döbbe organisierte Treffen der Münsteraner PI-Gruppe und meldete im Juli 2012 einen gemeinsamen Infostand von „PI News“ und der islamfeindlichen “Bürgerbewegung Pax Europa” in der Münsteraner Innenstadt an. Lokale Ereignisse aus Münster waren immer wieder Themen des Blogs. Döbbe betätigt sich innerhalb der AfD zudem für den Jugendverband “Junge Alternative” (JA), der in letzter Zeit durch seine Äußerungen, sein Verbindungen nach Rechtsaußen und eine auch in der AfD umstrittene Veranstaltung mit dem britischen Rechtspopulisten Nigel Farage (UKIP) auf sich aufmerksam machte. Jüngst warb die JA auf Facebook für „Selbstjustiz ist die neue Polizei“ und verglich den sozialdemokratischen Spitzenkandidaten zur Europawahl mit den Nazis.

Kandidat im Wahlbezirk 26: Reinhard Rupsch

Der AfD-Direktkandidat im Wahlbezirk 26, Reinhard Rupsch, kann auf eine lange politische Karriere bei den rechtsradikalen “Republikanern” (REP) zurückblicken. Bis 2004 war er deren stellvertretender Landesvorsitzender für NRW. Bei der Europawahl 2004 kandidierte er auf Listenplatz 6 der REP. Er trat schließlich aufgrund von Streitigkeiten mit der REP-Landesvorsitzenden aus der Partei aus. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die REP bereits im Niedergang. 2002 und 2003 nahm Rupsch am neonazistischen “Trauermarsch” in Dresden teil und hielt dort auch eine Rede. Auf der Demonstration 2003 sprach ebenso der NPD-Vorsitzende Udo Voigt. Die “Trauermärsche” in Dresden entwickelten sich zu den größten Neonazi-Demonstrationen in Deutschland mit mehreren tausend Teilnehmer_innen. Rupsch hielt auch nach seinem Austritt bei den REPs seine politischen Kontakte bei.

„Junge Freiheit“ verteilt

Rupsch und Döbbe sind offenbar nicht die einzigen Münsteraner AfD-Mitglieder mit Sympathien nach Rechtsaußen. Am AfD-Infostand am 3. Mai 2014 in Münster wurde die Wochenzeitung “Junge Freiheit” in größerer Stückzahl verteilt. Der “Jungen Freiheit” kann eine Scharnierfunktion zwischen Rechtskonservatismus und organisiertem Rechtsradikalismus zugeschrieben werden. Die Ausrichtung der Zeitung ist antidemokratisch und nationalistisch.

Schlägertruppe bewachte AfD-Stand

Am vergangenen Samstag waren am Infostand der AfD in der Fußgängerzone zwei Neonazis aufgetaucht, die sich mit den aggressiv auftretenden “Ordnern” der AfD freundschaftlich unterhielten und dann an der Bewachung des Standes mitwirkten. (siehe dazu unsere Pressemitteilung vom 10.05.2014) Der AfD-Sprecher Helmut Birke behauptet gegenüber der „Münsterschen Zeitung“, dass er diese Leute nicht kenne. Der stellvertretende AfD-Sprecher Richard Mol hat allerdings zugegeben, dass die Schlägertruppe im Auftrag der Partei tätig war: “Da nach den Erfahrungen der letzten Wochen auch mehr Wahlkämpfer zum Schutz der Infotheke am Stand waren, war die Situation gut beherrschbar und es gab keine Zwischenfälle.” Weiter sagte er: “Unsere Strategie des offensiven Umgangs mit diesen undemokratischen Störaktionen hat sich bewährt und kann anderen Teilgliederungen der AfD nur zur Nachahmung empfohlen werden.” (siehe Facebook-Eintrag) Anders als von Birke behauptet hat sich Richard Mol auch nicht in eine „Rangelei“ zwischen AfD-Kritiker_innen „eingeschaltet“, sondern Seite an Seite mit den „Ordnern“ agiert. Wenn der aggressive Ordnerdienst, so wie Birke behauptet, nicht von seiner Partei beauftragt wurde, aus welchem Grund haben sich die bedrohlich auftretenden Männer dann in der Zeit von 11 Uhr bis mindestens 13:30 Uhr in unmittelbarer Nähe des Standes aufgehalten? Warum haben sich AfD-Mitglieder mit ihnen abgesprochen? Warum sind sie dann aggressiv und in Zusammenarbeit mit einem AfD-Mitglied gegen Kritiker_innen vorgegangen?

Unglaubwürdige Abgrenzung nach Rechtsaußen

Die AfD ist seit ihrer Gründung bemüht, Kontakte in ultrakonservative und rechtsradikale Kreise zu relativieren oder zu verleugnen. “Das Personal der Münsteraner AfD und die Vorkommnisse an ihrem Infostand am vergangenen Samstag sprechen aber eine andere Sprache. Die AfD Münster hat ganz offensichtlich keinerlei Berührungsängste gegenüber Helfern von Rechtsaußen,” so Merle Linkowski, Pressesprecherin der Antifaschistischen Linken Münster.

Pressemitteilung der Antifaschistischen Linken Münster vom 13.05.2014

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