Unser Redebeitrag auf der „Keinen Meter“-Kundgebung am 10.02.2017

Liebe Freundinnen und Freunde,

auch wir sind sehr froh, dass heute so viele Menschen gegen die AfD demonstrieren. Das ist auch bitter nötig.

Mit der AfD hat es nun erstmals eine Rechtsaußen-Partei geschafft, sich festzusetzen. Die Partei sitzt mittlerweile in 10 Landtagen und hat sich somit ihr Überleben für die nächsten Jahre gesichert. Die AfD bekommt eine große Aufmerksamkeit, ihre Vertreter*innen sitzen in Talkshows und äußern sich dort in einer Weise, wie wir es zuvor meist nur von der NPD kannten.

Die AfD fährt gerade die Ernte all der unsäglichen rechten Stimmungsmache ein, wie sie seit Jahren von rechten Blogs aber auch vom Bestseller-Autor und SPD-Mitglied Thilo Sarrazin oder dem Polizeigewerkschaftler Rainer Wendt verbreitet wird. Nicht zuletzt haben Teile der herrschenden Politik mit ihrer Art, wie sie eine Angst-verusachende und Neid-erzeugende Debatte über Zuwanderung und Geflüchtete führten, der AfD ihr aktuelles Erfolgsthema auf dem Silbertablett serviert.

In den letzten Monaten wurde viel über interne Kämpfe der AfD geschrieben. Es wurde diskutiert, welcher Flügel innerhalb der Partei die Oberhand gewinnt und welche Spitzenkandidat*innen für die Bundestagswahlkampf aufgestellt werden. Die Annahme, es gäbe innerhalb der AfD noch Fraktionen, die den völkisch-nationalistischen Konsens nicht mit-tragen, ist ein gefährlicher Trugschluss. Sie ist ebenso falsch wie die Annahme, Donald Trump würde mit seiner Vereidigung plötzlich zu einem moderaten Politiker werden. Der Streit innerhalb der AfD – zurzeit entlang der Konfliktlinie Höcke/Gauland gegen Pretzell/Petry – ist ein Kampf um die innerparteiliche Macht. Nicht mehr. Während Höcke offen eine faschistische Rhetorik benutzt, von der sich Petry vordergründig distanziert, schmiedet sie zugleich ein Bündnis mit dem „Front National“. Wie groß sind da die inhaltlichen Unterschiede?

Die „Alternative für Deutschland“ ist eine „Alternative für Deutsche“. Deutsche im Sinne der AfD sind aber eben nicht alle Menschen, die zufällig auf diesem Stück Ackerland zwischen Gronau und Görlitz leben. Nicht dazu gehören all jene, die hierhin migriert sind, deren Eltern oder Großeltern in anderen Ländern geboren wurden, die die „falsche Religion“ haben oder schlichtweg nicht die passende Hautfarbe, also nicht weiß sind.

Deutsche sind nur diejenigen, die zum von der AfD definierten „Volk“ gehören. Jene, die sich auf die Traditionen und Taten der „Altvorderen“, wie Björn Höcke sie nennt, besinnen können:

– Jene Altvorderen, die unter Bismarck erst Dänemark überfielen und sich im Anschluss gegenseitig im Bürgerkrieg umbrachten.
– Jene Altvorderen, die mit dem Genozid an den Herero und Nama das erste Verbrechen dieser Art im 20. Jahrhundert begangen.
– Jene Altvorderen, die mit einem lautem „Hurra“ in vorderster Reihe in den ersten Weltkrieg zogen und nachher lediglich bedauerten, diesen nicht gewonnen zu haben.
– Jene Altvorderen, die vor 80 Jahren unter der Losung, „neue Lebensräume für das Volk zu erschließen“ einen Vernichtungskrieg führten und Millionen Menschen systematisch ermordeten.

Die AfD eint ein völkischer Nationalismus. Eine Ideologie, die Zugehörigkeit über falsche Konzepte wie Blutsverwandtschaft oder eine „vererbt“ Kultur definiert. Eine Ideologie, die immer ein Feindbild braucht, um den inneren Zusammenhalt zu sichern. Eine Ideologie, in der die/der Einzelne nichts, aber das Volk alles bedeutet. Wer nicht dazu gehören kann oder will, wird ausgeschlossen und als „Volksverräter*in“ oder „Parasit“ bekämpft.

Wie können wir weitere Erfolge der AfD stoppen? Nicht zu stoppen ist die AfD, indem man ihre Forderungen aufgreift und selbst „Law-and-Order“- und „Abschiebe“-Parolen verbreitet. Doch genau auf diesen Kurs sind die etablierten Parteien längst eingeschwenkt. Ein paar Beispiele:

– Die Forderung nach einer „Obergrenze“ für Flüchtlinge hat sich die CSU zu eigen gemacht.
– Die Bundesregierung hat das Asylrecht in rasanter Geschwindigkeit verstümmelt. Nun sollen sogar Deals mit den Warlords zerfallender Staaten wie Libyen geschlossen werden, um Flüchtlinge zu stoppen und dort in Lagern festzuhalten. Diese Politik unterscheidet sich keinen Grad vom Mauerbau eines Donald Trump.
– Nie war es in Afghanistan gefährlicher als zurzeit, doch ausgerechnet jetzt werden erstmals wieder Menschen nach Afghanistan abgeschoben.
– Silvester sortierte die Polizei nach Hautfarbe und Aussehen Besucher in Köln. Wer in den Augen der Polizei „irgendwie nordafrikanisch“ aussah, kam in den Polizeikessel. Dann behauptete die Polizei direkt, man habe 1000 „nordafrikanische Intensivstraftäter“ festgehalten. Für dieses „Racial Profiling“ gab es Applaus, auch von den Grünen. Ein Journalist lobte die Polizeimaßnahme als gerechtfertigte „Kollateral-Diskriminierung“. Drei Wochen später stelle sich heraus: Nur 30 Personen kamen wirklich aus Nordafrika. Niemand war als Täter der sexualisierten Attacken aus dem Vorjahr bekannt.

Wer so handelt, hält niemanden davon ab, die AfD zu wählen. Wer die AfD wählt, der oder die lehnt meist das gesamte politische Establishment ab. Mit einen „AfD-Ähnlichkeitswettbewerb“ gewinnen Grüne, SPD, CDU und FDP keine Stimmen.Wer so redet und handelt, legitimiert aber die Problemsicht und die Forderungen der AfD. Dies stärkt letztendlich die AfD. Und was noch viel schlimmer ist: Bürger- und Menschenrechte werden leichtfertig geopfert. Menschen werden ihrer Zukunft beraubt und gezwungen in unerträglichen Zuständen zu leben.

Von der Feministin und Anarchistin Emma Goldmann stammt der Satz: „Das gewalttätigste Element einer Gesellschaft ist die Ignoranz.“ Das bedeutet für uns heute: Je lauter die Rassist*innen auftreten, desto deutlicher müssen wir sie zurückweisen!Wir kämpfen für eine andere, für eine solidarische Gesellschaft, in der alle Menschen frei von Diskriminierung und Ausbeutung, mit gleichen Rechten und nach ihren Bedürfnissen leben können.

Und das heißt heute konkret: Keine Ruhe für Rassist*innen! Keinen Frieden mit der AfD!
We’re not gonna take it!

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