Relativierung von Holocaustleugnung

Ulrich van Suntum, VWL-Professor an der Universität Münster und Landesvorsitzender der zuvor als ALFA bekannten Partei „Liberal-Konservative Reformer“ ist wegen eines Statements bei „Twitter“ kritisiert worden. Dort hatte van Suntum vor wenigen Tagen geschrieben:

Van Suntum bezieht sich in seinem Kommentar auf die jüngste Verurteilung der 88-jährigen Ursula Haverbeck wegen Volksverhetzung durch das Amtsgericht Verden. Haverbeck hatte in einer Neonazi-Zeitschrift den Holocaust geleugnet. Auch in ihrem Schlusswort vor Gericht sprach Haverbeck von der „Ausschwitz-Lüge“. Das Gericht begründete seine Entscheidung zu einer Haftstrafe damit, dass sich die Angeklagte in keiner Weise einsichtig zeigte. In den letzten vier Monaten war Haverbeck bereits von drei weiteren Gerichten wegen Holocaustleugnung verurteilt worden, die Urteile sind allerdings noch nicht rechtskräftig. In den Jahren zuvor war Haverbeck bereits zu Geldstrafen verurteilt worden.

Unbedarfte Leser*innen des Twitter-Post von Ulrich van Suntum können den Eindruck gewinnen, hier sei eine betagte Seniorin zu einer unverhältnismäßig hohen Strafe verurteilt worden. Doch Ursula Haverbeck verfolgt mit ihrer notorischen Holocaust-Leugnung eine politische Strategie. Sie äußert sich regelmäßig und bewusst volksverhetzend, um Gerichtsprozesse zu provozieren, die sie als politische Bühne nutzt. Ihr Ziel und das ihrer Mitstreiter*innen ist es, die Leugnung des millionenfachen Massenmords an Jüdinnen und Juden durch die Nazis und ihre Helfer*innen straffrei zu verbreiten. Diesem Ziel diente auch der von Haverbeck und anderen Holocaustleugner*innen gegründete „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ (VRBHV), der 2008 vom Bundesinnenministerium verboten wurde. Die Antisemitin Ursula Haverbeck betätigt sich weiterhin auch in der Neonazi-Szene, in der sie als „Große Dame des deutschen Nationalismus“ verehrt wird. Sie spricht auf Demonstrationen, z.B. von der Partei „Die Rechte“, oder referiert bei NPD-Versammlungen. Am 10. Dezember ist sie mit einem Vortrag bei „Die Rechte Rhein-Erft“ angekündigt.

Diese Informationen ignorierend hat Ulrich van Suntum einen Twitter-Post verfasst, der als Solidarisierung mit der Angeklagten und als Relativierung der Hololcaustleugnung verstanden werden kann. Rhetorisch geschickt kontrastiert er die Verurteilung Haverbecks mit einem Freispruch für fünf Salafisten, womit er eine Ungleichbehandlung der Justiz suggeriert. Van Suntum verschweigt, dass in den Verfahren über unterschiedliche Straftatbestände verhandelt wurde: Die Salafisten standen nicht wegen Volksverhetzung, sondern wegen eines Verstoßes gegen das Uniformverbot im Versammlungsrecht vor Gericht. Einen solchen Verstoß konnte das Gericht bei den von der „Scharia-Polizei“ getragenen Warnwesten nicht sehen. Van Suntum entlarvt sich selbst durch seine daran anschließende, in Frageform gekleidete Aussage „Droht demnächst Knast für Prophetenbeleidigung?“. Damit zweifelt er nicht nur die Richtigkeit der zuvor erwähnten Urteile an, sondern bedient hier das Phantasma einer drohenden „Meinungsdiktatur“ bzw. einer drohenden „Scharia-Gesetzgebung“.

Die „Antifaschistische Linke Münster“ kommentiert die Äußerung van Suntums wie folgt:

„Diese Äußerungen des Münsteraner VWL-Professor sind erschreckend. Er nutzt ausgerechnet die Verurteilung einer notorischen Holocaustleugnerin und Antisemitin, um die realitätsfremde Behauptung zu verbreiten, Salafisten würden von der Justitz geschont und in Deutschland drohe demnächst eine ‘Scharia-Gesetzgebung’. Das ist Hetze auf dem untersten Niveau. Zugleich begibt er sich damit in die Nähe von Neonazis, die das Urteil gegen die Holocaustleugnerin ebenfalls als Ausdruck von ‘Gesinnungsjustiz’ und ‘Meinungsdiktatur’ sehen. Wer den millionenfachen Massenmord der Nazis leugnet und die Opfer verunglimpft, der sollte aber nicht mit Verständnis rechnen. Dass der Landesvorsitzende der von Bernd Lucke gegründeten AfD-Abspaltung ‘Liberal-Konservative Reformer’ solche Positionen verbreitet, überrascht, da die Lucke-Partei für sich in Anspruch nimmt ‘liberaler’ und weniger weit rechts stehend als die AfD zu sein. Äußerungen wie die von van Suntum stellen diesen Anspruch in Frage.“

Schon im Oktober und November 2015 veröffentlichte van Suntum Twitter-Posts zur Asylpolitik und Einwanderung, die von Studierenden und der Hochschulgruppe „Die Linke.SDS“ als rassistisch kritisiert wurden.

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