Münster: Recherchen belegen erneut Verbindungen des AfD-Kreisverbandes in die offen neonazistische Szene

Unsere Pressemitteilung vom 09.09.2020

Erneut wurden Verbindungen des AfD-Kreisverbandes Münster in die offen neonazistische Szene aufgedeckt. Recherchen der „Antifaschistischen Linken Münster“ belegen sowohl, dass die AfD am 5.9.2020 einen Neonazi als „Sicherheitsmann“ an ihrem Wahlkampfstand einsetzte, als auch, dass der wegen Verbreitung neonazistischer Inhalte von der Kandidatenliste gestrichene Karl-Heinz Kramer im Kommunalwahlkampf weiterhin für die AfD aktiv ist. Aktivitäten in sozialen Netzwerken belegen zudem die Verbindung des Spitzenkandidaten Martin Schiller zu Personen, die offen mit der Reichsbürgerszene sympathisieren.

Bei dem am 5.9.2020 am Wahlkampfstand aufgetretenen Neonazi handelt es sich um Markus Rahmsdorf. Nach persönlicher Einweisung durch Martin Schiller diente er, gemeinsam mit einem weiteren Mann, als „Sicherheitsmann“ für den AfD-Sprecher und Spitzenkandidaten bei der Ratswahl am kommenden Sonntag. [1] Der 1991 geborene Rahmsdorf ist unter anderem für die extrem rechte Gruppe „Patriotic Opposition Europe“ (POE) aktiv, auf deren Kundgebung am 3. August 2019 in Berlin er eine Rede hielt. [2] Die Bühne teilte er sich unter anderem mit dem Neonazi Sven Liebich aus Halle, der bis zum Verbot 2000 Aktivist der militanten Neonazi-Organisation „Blood & Honour“ war und derzeit einen Versandhandel für rassistische Aufkleber betreibt. [3] Zuletzt demonstrierte „Patriotic Opposition Europe“ Ende Juli in Köln gegen die Corona-Schutzmaßnahmen. [4] Als Redner sprach dort der Landtagsabgeordnete Stefan Räpple aus Baden-Württemberg, der mit antisemitischen Äußerungen Schlagzeilen machte und wegen „parteischädigenden Verhaltens“ aus der AfD ausgeschlossen wurde. [5]

AfD-„Sicherheitsmann“ Rahmsdorf hat auch Kontakte zu anderen rassistischen Gruppierungen: So war er im April 2019 als Redner und Ordner einer Demonstration der „Patrioten NRW“ in Gladbeck tätig [6], administriert die Facebook-Gruppe „Castrop-Rauxel Wehrt Sich“ [7] und war 2019 Teil einer Reisegruppe um den Verein „Mönchengladbach steht auf“ und Dominik Roeseler. [8] Roeseler ist eine der Führungspersonen der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) und meldete deren Aufmarsch 2014 in Köln an. Seine aus rechten Hooligans und rassistischen „Wutbürgern“ bestehende Gruppe „Mönchengladbach steht auf“ veranstaltete zahlreiche rassistische Aufmärsche und zuletzt auch Kundgebungen, auf denen die Gefahr des Corona-Virus geleugnet wurde.

„Markus Rahmsdorf macht aus seiner Gesinnung wirklich keinen Hehl. Er ist tief im braunen Sumpf verstrickt. Sein Einsatz war kein Versehen, sondern Kalkül. Die ‚Sicherheitskräfte‘ der AfD sollten eine Drohkulisse gegenüber Protestierenden aufbauen. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass die bürgerlich-demokratische Inszenierung der AfD Münster nichts als eine Farce ist“, kommentiert Merle Linkowski, Sprecherin der „Antifaschistischen Linken Münster“, die Rechercheergebnisse.

Die Antifa-Gruppe weist darauf hin, dass die AfD Münster auch in vergangenen Wahlkämpfen zwielichtige „Sicherheitskräfte“ eingesetzt habe, die im September 2017 Teilnehmer einer AfD-kritischen Kunstperformance mit Pfefferspray attackierten. [9] Bei der Kommunalwahl 2014 ließ die AfD Münster ihren Infostand von Rockern bewachen, die bekannte Aktivisten der „Nationalen Sozialisten Münster“ mit Handschlag begrüßten. [10]

Ebenfalls am Samstag – wie auch in den letzten Wochen – im aktiven Wahlkampfeinsatz für die AfD Münster war Karl-Heinz Kramer. [11] Kramer sollte eigentlich auf Listenplatz 5 der AfD-Reserveliste kandidieren. Recherchen der „Antifaschistischen Linken Münster“ machten im Juni bekannt, dass Kramer Inhalte der neonazistischen Partei „Der III. Weg“ sowie gewaltverherrlichende Grafiken teilte. [12] AfD-Kreissprecher Martin Schiller hatte gegenüber den „Westfälischen Nachrichten“ die Inhalte zuerst als „Geschmacksache“ abgetan. [13] Erst nachdem der mit Schiller verfeindete AfD-Bezirksverband Druck ausübte, wurde Kramers Kandidatur zurückgezogen. „Dass Karl-Heinz Kramer weiterhin regelmäßig als Aktivposten in den Wahlkampf der AfD Münster eingebunden ist, zeigt, dass seine Streichung von der Reserveliste nur taktisch motiviert und dem parteiinternen Machtkampf geschuldet war“, ordnet Linkowski die Geschehnisse ein, „Mit den von Kramer verbreiteten neonazistischen und gewaltverherrlichenden Inhalten hat man bei der AfD Münster augenscheinlich kein Problem.“

Wenig Distanz zu Neonazis oder „Reichsbürgern“ zeigt Spitzenkandidat Martin Schiller auch bei Facebook. Unter seinen Facebook-Freund*innen finden sich auch mehrere Personen, die schwarz-weiß-rote Reichsfahnen in ihrem Profilbild zeigen und damit ihre demokratiefeindliche Gesinnung offen zur Schau stellen. [14]

„All diese Vorgänge belegen erneut: Die AfD Münster ist entgegen ihrer Selbstdarstellung nicht Teil des demokratischen Parteienspektrums, sondern Teil der extremen Rechten“, so Linkowski abschließend.

Belege:

[1] Markus Rahmsdorf (r., schwarzer Pullover) mit Karl-Heinz Kramer (2.v.r.), Martin Schiller (3.v.r.) und Richard Mol (4.v.r.) am AfD-Stand am 5.9.2020, Foto: Antifaschistische Linke Münster

Markus Rahmsdorf (r., schwarzer Pullover) mit Karl-Heinz Kramer (2.v.r.), Martin Schiller (3.v.r.) und Richard Mol (4.v.r.) am AfD-Stand am 5.9.2020, Foto: Antifaschistische Linke Münster

[2] Facebook-Screenshot von Markus Rahmsdorf („Markus Ra“) vom 03.08.2019

Facebook-Screenshot von Markus Rahmsdorf („Markus Ra“) vom 03.08.2019

[3] siehe htttps://www.belltower.news/patriotic-opposition-europe-das-letzte-aufgebot-102779/, Aufkleber seines Versandes wurden in den letzten Jahren auch in Münster verklebt.
[4] siehe https://jfda.de/blog/2020/02/19/demo-am-brandenburger-tor-patriotic-opposition-europe-facebook-08-02-2020/
[5] siehe https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/raepple-afd-ausgeschlossen-100.html
[6] siehe https://www.flickr.com/photos/korallenherz/33674128458/in/album-72157677589708527/
[7] Facebook-Screenshot der Gruppe „Castrop-Rauxel Wehrt Sich“(sic!) vom 07.09.2020

Facebook-Screenshot der Gruppe „Castrop-Rauxel Wehrt Sich“(sic!) vom 07.09.2020

[8] Facebook-Screenshot der Gruppe „Mönchengladbach steht auf“ vom 02.02.2019

Facebook-Screenshot der Gruppe „Mönchengladbach steht auf“ vom 02.02.2019

[9] siehe https://keinestimmederafd.noblogs.org/post/2017/09/16/secruity-setzt-pfefferspray-gegen-aktivistinnen-bei-kunstaktion-ein/
[10] siehe https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2014/05/12/afd-muenster-geht-mit-schlaegertruppe-gegen-kritiker_innen-vor/
[11] Karl-Heinz Kramer (l.) und Markus Rahmsdorf am AfD-Stand am 5.9.2020, Foto: Antifaschistische Linke Münster

Karl-Heinz Kramer (l.) und Markus Rahmsdorf am AfD-Stand am 5.9.2020, Foto: Antifaschistische Linke Münster

[12] siehe https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2020/06/16/pressemitteilung-muensteraner-afd-kandidat-fuer-kommunalwahl-teilt-offen-neonazistische-inhalte/
[13] siehe https://www.wn.de/Muenster/4219505-Fall-soll-im-Vorstand-behandelt-werden-AfD-Ratskandidat-teilt-rechtsextreme-Inhalte-auf-Facebook
[14-17] Facebook-Screenshots – Auszüge aus der Freundesliste des Profils von Martin Schiller, darunter u.a. Lisa Licentia, (ehemalige) Aktivistin der extrem rechten „Identitären Bewegung“, der langjährige Neonazikader Axel Reitz sowie Profile mit Reichsfahnen.

Facebook-Screenshots – Auszüge aus der Freundesliste des Profils von Martin Schiller 1/4

Facebook-Screenshots – Auszüge aus der Freundesliste des Profils von Martin Schiller 2/4

Facebook-Screenshots – Auszüge aus der Freundesliste des Profils von Martin Schiller 3/4

Facebook-Screenshots – Auszüge aus der Freundesliste des Profils von Martin Schiller 4/4

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