Große Demo gegen Rassismus und PEGIDA
Mit einer großen Demonstration zeigten gestern zwischen 8.000 und 10.000 Münsteraner*innen , dass für die rassistische Stimmungsmache von PEGIDA in Münster kein Platz ist. Obwohl der lokale, bislang nur auf eine Facebook-Präsenz beschränkte PEGIDA-Ableger MÜNGIDA („Münster gegen die Islamisierung des Abendlandes“) keinen Aufmarsch durchführte und auch keine konkreten Pläne bekanntgab, folgte ein breites gesellschaftliches Spektrum dem Aufruf von „Münster gegen den PEGIDA“ unter dem Motto „Für Freiheit, Vielfalt, Gleichheit und Toleranz“.
Dies war eine beachtliche Mobilisierung. Die Demonstration zeigte: Es existiert eine weit verbreitete Empörung über die PEGIDA-Mobilisierung und das Bedürfnis sich davon abzugrenzen. Auch die vielen Demonstrationen in anderen Städten machten dies deutlich: Die Zeitung „Neues Deutschland“ errechnete anhand von Polizeiangaben, dass sich am Montag bundesweit etwa 45.000 Menschen gegen PEGIDA engagierten. In Dresden blieb PEGIDA mit 18.000 Teilnehmenden weiterhin stark. Die sächsische Landeshauptstadt stellt eine Ausnahme dar – in anderen Städten gab es keine PEGIDA-Demos mit mehr als 500 Personen. In Köln verhinderten Massenblockaden den Aufmarsch der Rechtsradikalen, die ihren nächsten „Abendspaziergang“ am kommenden Montag in Düsseldorf durchführen wollen.
„Refugees welcome“ heißt „Die Festung Europa einreißen“
In Münster wurden auf der Demonstration auch zahlreiche Banner mitgeführt, die sich mit Flüchtlingen solidarisierten. Auch in Redebeiträgen von der Bühne – die fast allesamt von Politiker*innen oder Honoratioren der Stadtgesellschaft gehalten wurden – wurde Münster als Stadt bezeichnet, in der Geflüchtete willkommen sind.
So richtig und wichtig diese Aussage ist, sie ist in erster Linie ein Anspruch, keine Realität. Auch in Münster regen sich Vorbehalte gegen Flüchtlingsunterkünfte in der Nachbarschaft, auch hier ist Rassismus verbreitet. Vor allem aber sind Parteien wie SPD und CDU, die sich jetzt deutlich gegen die Hetze von PEGIDA und für ein „weltoffenes Münster“ aussprechen, verantwortlich für die herrschende Asylpolitik in Deutschland und Europa. Eine Politik, die verantwortlich für den Bau der „Festung Europa“ und den Tod von Tausenden Menschen im Mittelmeer ist.
So wichtig eine „Willkommenskultur“ für diejenigen Geflüchteten ist, die nach Münster kommen, so darf darüber nicht vergessen werden, dass seit der faktischen Abschaffung des Asylrechts nur die wenigsten Menschen eine Chance haben, in Deutschland überhaupt Asyl zu erlangen. Allen anderen droht ein Leben „unter Duldung“ oder die Abschiebung. Erst im Herbst wurde das Asylrecht weiter verstümmelt, als Serbien, Mazedonien und Bosnien mit den Stimmen von CDU, SPD und des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt wurden.
Jetzt will das Bundesamt für Asyl die Zahl Abschiebungen in diese Länder als „Abschreckungsmaßnahme“ erhöhen. An den elendigen Verhältnissen, in denen viele Menschen dort leben müssen, hat sich natürlich nichts geändert. Wenn der Protest gegen PEGIDA nicht zu einem zweiten „Aufstand der Anständigen“ im schlechten Sinne werden soll, muss er sich für ein wirkliches Recht auf Asyl aussprechen und den Rassismus beim Namen nennen, egal in welcher Verpackung er auftritt. Als vor fast 15 Jahren der erste „Aufstand der Anständigen“ ausgerufen wurde, drängte sich in Teilen der Eindruck auf, es ginge bei der öffentlich gezeigten Ablehnung von Rechtsradikalen vor allem um die Selbstvergewisserung, zu den “Guten” zu gehören und darum im Ausland ein positives Bild von Deutschland zu erzeugen.
Kein Dialog mit der AfD
Die Demo „Münster gegen PEGIDA“ entstand aus einer Facebook-Mobilisierung, initiiert von einem Studenten. Im Vorfeld der Demo führte die Entscheidung des Organisators auch die AfD für einen Redebeitrag anzufragen, zu heftigen Diskussionen. Nach seiner Meinung sei die AfD als Ratspartei demokratisch legitimiert und müsse deshalb genauso wie die anderen Parteien einbezogen werden.
Dass die AfD in Münster bei der Kommunalwahl 2,6 % erreichte, macht aus Hetzer*innen und geistigen Brandstifter*innen noch lange keine Partei, mit der man gemeinsame Sache machen sollte. In vielen Städten ist auch die NPD „demokratisch legitimiert“, in Dortmund gar „Die Rechte“, trotzdem bestehen diese Parteien aus bekennenden Nationalsozialisten. Letztere verhöhnte vor ein paar Wochen noch Anne Frank und die Opfer des NSU.
Nun sind die Mitglieder der AfD (von einigen Ausnahmen abgesehen) keine Neonazis, aber die AfD versucht sich wie keine andere Partei als „Fürsprecherin“ und „parlamentarischer Arm“ der PEGIDA-Bewegung anzubieten. Sei es durch die Einladung der PEGIDA-Organisatoren in den sächsischen Landtag, durch die Teilnahme ihres Bundessprechers Alexander Gauland an einem Aufmarsch oder durch die publizistische Beiträge ihres Bundessprechers Konrad Adam.
Ausgerechnet die AfD für einen Redebeitrag auf einer Anti-PEGIDA-Demo einzuladen, heißt den Bock zum Gärtner zu machen. Erfreulicherweise machten auch einige Redner auf der Bühne deutlich, dass die AfD einen völkischen Nationalismus vertritt und eine Partei von „Brandstiftern“ ist. Über die auch in Münster vorhandenen rechtsradikalen Tendenzen berichteten wir bereits vor der Kommunalwahl: Hier und hier.
Kritik üben müssen wir auch an der von dem Organisator scheinbar vertretenen „Extremismustheorie“. In seinem Eröffnungsstatement meinte er, dass „rechte“ wie „linke Gewalttätern“ nicht auf diese Demo gehörten. Diese Gleichsetzung ist nicht nur eine Frechheit, sondern soll auch zu einer Spaltung führen. Wen er mit „linken Gewalttätern“ meinte, blieb gleichwohl unklar. Dass gerade die Extremismustheorie Phänomene wie PEGIDA nicht erfassen kann, weil sie nur auf gesellschaftliche „Ränder“ fixiert ist und rassistische Einstellungen in der „Mitte“ ausklammert, wurde hier zutreffend analysiert.
Aktuell gehen wir nicht davon aus, dass die MÜNGIDA einen Aufmarsch in Münster versuchen wird, zumal sich beim stagnierenden nordrhein-westfälischen PEGIDA-Ableger die ersten Auflösungserscheinungen abzeichnen.
Weitere Informationen
Wir verweisen an dieser Stelle noch auf den von uns verteilten Flyer (“Münster gegen Rassimus – Flyer zum Hintergrund von Pegida/Müngida”) und auf einige Medienberichte:
WDR
WN
MZ