Die Auschwitz-Überlebende Celine van der Hoek de Vries ist am 30.September 2011 im Alter von 91 Jahren in Amsterdam verstorben.
Celine war vielen Antifaschist_innen aus Münster gut bekannt. Sie besuchte mehrfach das Münsterland, um vor Jugendlichen und Erwachsenen zu sprechen, so wie wir nach Amsterdam zu Celine fuhren. Ihr Tod bewegt uns sehr.
Celine van der Hoek de Vries wurde 1920 geboren, sie wuchs in einem sozialistischen Elternhaus in Amsterdam auf. Als sie zwei Jahre alt war, starb ihr Vater. Nachdem sie die Mittelschule abgeschlossen hatte wurde sie Kindergärtnerin. Nach der Besetzung der Niederlande durch die Deutschen am 10.Mai 1940 konnte sie als Jüdin jedoch nicht weiter in diesem Beruf arbeiten. Bis dahin hatte es für Celine kaum eine Rolle gespielt, dass ihre Großeltern zum Teil jüdischen Glaubens waren, doch plötzlich nahmen die Deutschen dies zum Anlass, sie erst zu entrechten und dann zu verfolgen.
Als ihre Mutter und ihr Bruder verhaftet wurden gelang es Celine unterzutauchen. Sie lebte einige Zeit im Untergrund bevor sie verhaftet und in die “Hollandse Schouwburg” gebracht wurde. Zwar konnte sie durch die Hilfe eines Bekannten fliehen und wieder untertauchen, wurde jedoch verraten und erneut in der “Hollandse Schouwburg” inhaftiert. Später wurde sie im Konzentrationslager Westerbork an der niederländisch-deutschen Grenze inhaftiert und von dort im September 1944 nach Auschwitz deportiert. Mit viel Glück überlebte sie als eine der Wenigen das Vernichtungslager, in dem zuvor ihre Angehörigen ermordet wurden. Im Dezember 1944 wurde sie in ein Lager der deutschen Rüstungsindustrie deportiert, wo sie schwerste Zwangsarbeit verrichten musste. Völlig entkräftet wurde sie dort 1945 befreit. „Eine Woche länger und ich hätte nicht überlebt“, sagte Celine immer. Die damals 25-jährige wog nur noch 24 Kilo.
Nach dem Krieg studiert Celine, trotz des Unverständnisses ihrer Bekannten, in Deutschland. Seit vielen Jahren berichtete sie in den Niederlanden und Deutschland von ihren Erlebnissen. Als ewige Antifaschistin machte Celine es sich zur Aufgabe, von ihren Erlebnissen während des Nationalsozialismus zu berichten und sich auch heute gegen Rassismus und Faschismus einzusetzen. So rief sie mittels eines kurzen Videos alle Antifaschist_innen dazu auf, sich an den Protesten gegen den Naziaufmarsch am 19 Februar 2011 zu beteiligen und forderte bei unserem letzten Treffen mit ihr im Herbst 2010: „Also wenn sie das hören ,wie die Menschen wieder solche Dinge sagen, dass sie das nicht akzeptieren, dass sie da was gegen tun; das ist die Pflicht von euch“.
In den letzten Jahren hatten wir immer wieder die Gelegenheit sie zu treffen, sei es dass sie uns am 8. Mai 2008 in Münster besuchte oder wir sie in den letzten beiden Jahren im Rahmen von Gedenkstättenfahrten in Amsterdam trafen. Ihre Geschichte hat uns immer wieder sehr bewegt.
Wir werden Celine vermissen und sie niemals vergessen.
Film über das Leben von Celine
Grusswort von Celine am 8. Mai 2008 in Münster